Das hier ist eigentlich der ÖSC Clubausflug nach Korsika. Und nach Venedig. Aber beide Ideen fielen ins Wasser wegen Wetter, und so flogen wir halt nach Prag. Erste Station: ein unaussprechlicher Name: Jindrichuv Hradec (bitte noch etliche Accents darauf verteilen). Wir einigen uns im Funk auf Lima Kilo Juliet Hotel. Ist aber eh egal, da um 9 Uhr morgens noch unbemannt. Wir fallen da also ein wie ein kleiner Vogelschwarm mit unseren zwei Katanas DV20, einer Akquila 210 und einer Cessna 172. Landegebühr: 2,30 Euro.
Im Hintergrund parkt eine coole Antonov An-2. Was für ein tolles, uraltes Teil. Die An-2 ist ein STOL Flugzeug und ging 1947 zum ersten Mal in die Luft. Diese hier ist immer noch flugfähig und wird für Parachute Dropping genutzt, wie wir später in Budweis mit einer weiteren An-2 live sehen sollten.
Next Letnany, LKLT. Der Flugplatz liegt Seite an Seite mit Kbely (LKKB), einem tiptopp aussehenden Militärflughafen, den wir am Wochenende midfield überfliegen dürfen. Über Letnany ist irgendwie der Teufel los. Der Tower quasselt ununterbrochen, aber wenig mit uns, dafür in Tschechisch, wo ich höchstens mal „Touch & Go“ verstehe. Als wir ankommen, sind unsere drei anderen Flieger schon im Traffic Circuit. Wir kreuzen auch hier midfield und biegen links in den Downwind. Unter uns das Prager Industriegebiet mit zig Fabriktürmen, die rotweiß bemalt in die Platzrunde ragen.
Im Final herrscht nun wirklich Chaos im Funk. Irgendwann ruft der Tower nur noch „Stop stop stop“ – zu wem auch immer. Unsere Kollegen vor uns starten durch, wir sicherheitshalber auch, nochmal über die Fabriktürme.
R. fliegt, ich funke. Im zweiten Anflug – wir melden Downwind, Base, Long Final – erhalten wir die Landeinfo und sinken, als eine weitere Cessna in aller Selbstverständlichkeit vor uns einbiegt und in einem seltsamen Manöver steil auf die Piste zielt, dann nicht zu landen scheint, dann aber doch. Wir haben natürlich längst ein Go Around in Vorbereitung, fragen uns aber nun, ob die Maschine ein TGL macht und gleich wieder hochzieht. Wir sind auf alles gefasst, aber die Maschine bleibt am Boden und wir drehen zum dritten Mal unsere Runde.
Wieder im Long Final. Jetzt bremst uns der Tower: es würde etwas auf der Piste liegen, sie müssten erst nachsehen. Glücklicherweise hatten wir weit ausgeholt, um die ganze Lage in Ruhe beobachten zu können, jetzt verlangsamen wir so gut es geht und warten auf Info. Ein Fahrzeug saust die Piste entlang und stoppt, und tatsächlich, wir erhalten kurz danach die Freigabe.
Mit Vorfreude nähern wir uns der Graspiste, über die in der Website steht, dass sie per Laser vermessen und geglättet sei. Doch in Wirklichkeit gleicht sie eher einem Skateboard Park, es geht rauf und runter, und wir haben Mühe, die Kiste nicht wieder wegspringen zu lassen.
Beim Rollen zu den Kollegen stehen schon alle um das Bugrad der Akquila. Sie hatte nicht so viel Glück beim Aufsetzen und hat die Bugradverkleidung verloren. Gerade bringt der Betriebsmitarbeiter die Plastikteile, die er von der Landebahn eingesammelt hat.
Mit Hilfe seines Werkzeugkastens bauen wir den Rest der Verkleidung ab und prüfen das Rad. Es scheint ok, wir können morgen damit zurückfliegen – Glück gehabt. Fürs Ground Handling und die Freundlichkeit in LKLT gibts super Noten!
Darauf erst mal ein Landebier und ein Landeeis! Und noch ein bisschen Sightseeing: Wieder so ein Leckerbissen dabei: eine silberne Beechcraft Expeditor von 1949, die eben noch einen Low Overshoot über die Piste hingelegt hat!!
Mit der U-Bahn nach Prag. Wir wohnen mittendrin, und ab jetzt gilt das Motto: „8 hours between bottle and throttle“ :-), was ich aus Südafrika mitgebracht habe. Wir sind k.o. und hungrig, und ja – durstig! Gruppenbild auf der Karlsbrücke! Ich schätze, außer uns steht hier noch etwa eine weitere Million Menschen, ganz zu schweigen von den proppevollen Gassen. Prag ist schlichtweg unbrauchbar dadurch. Und wir tragen noch zu der Misere bei. Schade um die wirklich schöne Altstadt.
Abflug Letnany am nächsten Morgen über die Buckelpiste. Kurs auf Budweis (Ceské Budejovice, LKCS). Eine riesige Runway erwartet uns, und an deren fernen Ende auch ein Marshaller. Während wir zum Parking taxeln, rollt neben uns die voluminöse Antonov mit ihren Fallschirmspringern los, wir winken von Cockpit zu Cockpit. Während sich das Wetter ein wenig gebärdet, springen die Parachuter als winzige Punkte über uns aus dem Flieger. Wir tanken und verbringen dann etwa eine Stunde in dem ‚heimeligen‘ Handling Office, um Landegebühren und Avgas zu bezahlen.
Letztes Leg, über die (gar nicht blaue) Donau. R. fliegt einen simulated ILS auf Salzburg, den wir aber wegen Rückenwind im Short Final abbrechen, um einen Circling Approach zu fliegen. Eine der seltenen Gelegenheiten, mal VOR der Festung vorbeizufliegen, über das Leopoldskroner Bad, in dem ich schon oft schwimmen war. Bei Touchdown sind wir alle k.o. – aber cool wars!
Das ist ein wunderbarer Text. Bugrad der Akquila. Da dachte ich erst, es wär ein legendäres tschechisches Flugzeug. Ohne Akzente halt. (Weil die auf der Tastatur zu finden kannste vergessen. Musste neulich den „Antonin Dvorak“ schreiben.) Das „unbrauchbare Prag“ ist auch eine tolle Formulierung:))) Es sind auch viele Fliegerwörter drin, die mir nicht viel sagen, aber das macht gar nichts. Das macht es noch ein bisschen geheimnisvoll.
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😀 ich hab kurz nach den accents gesucht. keine chance. kreise, dächer die auf dem kopf stehen… keine ahnung! auch geheimnisvoll, haha.
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